2013: Wang Hui, “The Imagination of East and West in China’s New Taxonomy”

Wang Hui, “The Imagination of East and West in China’s New Taxonomy”
Thursday, 7 November 2013, 19:00 CET
Senatssaal of Humboldt University
Unter den Linden 6
10117 Berlin
GERMANY

With Joseph Vogl

Sponsored by:

The Mosse Foundation
Fritz Thyssen Stiftung
Institut für deutsche Literatur
Humboldt University
Mosse Lectures

Winter Term 2013-14 Mosse Lectures poster

Description: Die umfassende Verwendung eines neuartigen Konzepts von Wissenschaft ist eines der wichtigsten Kennzeichen des chinesischen Denkens im 20. Jahrhundert. Die Macht von Wissenschaft liegt in der Tatsache begründet, dass mit ihr eine intime Beziehung hergestellt werden kann zwischen einer universalen Weltsicht und der Besonderheit der national bestimmten sozialen Ordnung. Hier wirken eine rationale Ordnung des Wissens und die sozial bedingte Aufteilung der Arbeit zusammen: in einer weit angelegten Genealogie des menschlichen Lebens, in all seinen Formen und Tendenzen. Der Prozess, in dem eine wissenschaftliche »Weltsicht, basierend auf universalistischen säkularen Prinzipien« (gongli shijie guan) die auf »religiöse Werte zurückgehende Weltanschauung« (tianli shijie guan) reformieren und schließlich ersetzen kann, ist konstitutiv für die Transformation des modernen Denkens in China. Die überkommenen Werte (Moral, Bildung usw.) sind jetzt nicht mehr allgemein gültig, sondern nur noch ein Element im neuen Wissenssystem. Seit der in den 1910er Jahren ausgetragenen Kontroverse über östliche und westliche Kultur und der Debatte über den Vorrang von Wissenschaft oder Metaphysik in den 1920er Jahren gilt »Kultur« in China als solider Bestandteil einer streng rationalisierten Ordnung des Wissens. Im Reich der Wissenschaften hat die Kultur – ihre Autonomie, Moralphilosophie, Ästhetik und Gefühlswelt – nicht nur ihre Position verteidigen und sichern können. In Rahmen dieser Taxonomie des Wissens ist auch der Gegensatz von Ost und West neu zu bedenken und anders zu organisieren.

Wang Hui: Forschungen zur modernen chinesischen Philosophie, Politik und Gesellschaft; zahlreiche Gastprofessuren, v.a. in den USA; von 2004 bis 2009 erschien sein vierbändiges Werk The Rise of Modern Chinese Thought; im Westen veröffentlicht u.a. China’s New Order. Society, Politics, and Economy in Transition (2003), Modern China as a Space for Thinking (2006), The Politics of Imagining Asia (2011), The End of Revolution. China and the Limits of Modernity (2011), auf Deutsch ist erschienen: Die Gleichheit neu denken. Der Verlust des Repräsentativen (hg. v. Julian Nida-Rümelin und Wolfgang Thierse, 2012)

Photo Credit: Niels Leiser for the Mosse Lectures