Thomas Macho, “Traumstimmen. Zur Geschichte der Verdrängung fremder Stimmen im Film” / “Dream Voices. On the History of the Repression of Foreign Voices in Film”
Thursday, 10 November 2022, 19:15 CET
Auditorium of Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum
Geschwister-Scholl-Str. 1/3
10117 Berlin
GERMANY
With Ulrike Vedder
Sponsored by:
The Mosse Foundation
Institut für deutsche Literatur
Humboldt University
Mosse Lectures
Description: Mein Vortrag wird sich in drei Teile gliedern. Im ersten Teil werde ich über das Stimmenhören – jenseits von immer noch verbreiteter Pathologisierung als Symptom der Schizophrenie – sprechen, unter Bezug auf jüngere Forschungen zur Geschichte und Wissenschaft der inneren Stimmen (Charles Fernyhough, Tanya M. Luhrmann, Ruvanee P. Vilhauer), aber auch auf zwei Romane, die um das Stimmenhören indigener Hauptfiguren kreisen, und zwar »Eisejuaz« von Sara Gallardo (aus dem Jahr 1971, die deutsche Übersetzung von Peter Kultzen erschien 2017), sowie »Menschentier« von Indra Sinha (aus dem Jahr 2007, die deutsche Übersetzung von Susann Urban erschien 2011). Welche Stimmen, so werde ich fragen, hören wir im Traum, im Rhythmus des Gehens, in Krisen und Konflikten, aber auch beim Lesen und Schreiben? Der zweite Teil meines Vortrags wird danach die Geschichte der Stimm- und Sprachsynchronisation im Film kurz umreißen, ausgehend von einem Zeichentrickfilm der Disney-Company über »Donald’s Dream Voice« (aus dem Jahr 1948). Am Rande werde ich auch einige Audio-Beispiele der auf zwei CDs erschienenen Sammlungen »Liebesgrüße aus Hollywood« (von 1999 und 2002) kommentieren, auf denen deutsche Synchronsprecher*innen prominenter US-Filmstars deutsche Lyrik vortragen. Im dritten Teil soll dann die digitale Stimme im Mittelpunkt stehen, etwa unter Bezug auf Beispiele aus Computerspielen, die das Stimmenhören in virtuellen Welten (für die Kopfhörer der Spieler*innen) simulieren.
Thomas Macho: Cultural historian and philosopher. Thomas Macho served as Professor of Cultural History at the Humboldt University from 1993 to 2016. From 2016 to 2023, he led the IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften at the Kunstuniversität Linz in Vienna. He is the author of numerous books and was awarded the Austrian State Prize for Cultural Journalism in 2020.
Photo credit: Niels Leiser for the Mosse Lectures