2025: Bashir Bashir, “The Holocaust and the Nakba: On the Ethics of Egalitarian Binationalism”

Bashir Bashir

Senatssaal of Humboldt University, Berlin
@ 7:00 pm - 9:00 pm

Humboldt University Mosse Lecture

The Holocaust and the Nakba: On the Ethics of Egalitarian Binationalism
Bashir Bashir (R’anana/Berlin)

Senatssaal of Humboldt University

June 19, 2025 19:00 CET

With Thomas Meyer

Im Sommersemesters 2025 widmen sich die Mosse Lectures dem derzeit stark diskutierten Thema Zionismus. Angesichts der Intensität der jüngeren Debatten um den Nahostkonflikt ist es ein grundlegendes Anliegen der neuen Programmreihe, Aufklärung zu leisten und Einblicke in die Geschichte des Zionismus jenseits der Verengung des Begriffs auf das Projekt der Gründung eines jüdischen Nationalstaats und unter Einbeziehung palästinensischer Perspektiven zu bieten. Worum es gehen soll, ist eine Geschichte des Zionismus vor 1948, in der Perspektiven aus Philosophie, Jüdischen Studien und der Geschichtswissenschaft verdeutlichen, dass es »den« Zionismus nicht gab. Seine Geschichte ist vielstimmig, plural und umwegig. Sie lässt sich als Geschichte der »persönlichen und ideologischen Vielfalt« [Shlomo Avineri] einer nationalen
Bewegung verstehen, deren interne Spannungen die Vorgeschichte Israels charakterisieren. So eindeutig das zionistische Projekt am Ende des 19. Jahrhunderts mit dem doppelten Widerspruch gegen den Antisemitismus und die »Assimilationssucht«, mit Konzepten der »Selbstemanzipation« und »jüdischen Renaissance« einsetzte, so wenig selbstverständlich war die Form seiner politischen Realisierung. Zu den grundlegenden Herausforderungen der zionistischen Bewegung gehörte von Beginn an der innerjüdische Konflikt zwischen dem erklärten Ziel der Errichtung eines jüdischen Nationalstaates und den Traditionen des Judentums als »Volk im Exil«, den Hannah Arendt 1945 auf die Formulierung einer doppelten Loyalität brachte – und als unausweichliches Problem für das zionistische Projekt benannt hat. Über die Palästina-Frage hinaus war einer der Hauptschauplätze dieser Spannung seit dem frühen zwanzigsten Jahrhunder t die Diaspora in den Vereinigten Staaten, wo viele Jüdinnen und Juden dem Projekt der Staatsgründung und vor allem dem Gedanken einer Auswanderung in diesen Staat skeptisch gegenüberstanden und Begriffe wie »E xil« oder »Galut« positiv konnotiert
waren. Der Blick auf die Geschichte des Zionismus eröffnet eine Vielzahl von Erzählungen, Entwürfen und Einsprüchen, unter denen im frühen zwanzigsten Jahrhundert insbesondere der Kulturzionismus eine vitale Alternative zum Staatsgründungsprojekt war. Ziel der Reihe ist es, diese Vielfalt sichtbar zu machen.

Bashir Bashir

Bashir Bashir Politikwissenschaftler; Außerordentlicher Professor im Fachbereich Soziologie, Politikwissenschaft und Kommunikation an der Open University of Israel und Senior Research Fellow am Van Leer Jerusalem Institute. Derzeit ist er Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Zu seinen Forschungsinteressen zählen Nationalismus und Citizenship Studies, Liberalismus, Demokratietheorie, Dekolonisierung, Politiken der Versöhnung und Alternativen zur Teilung in Palästina/Israel. Er ist Mitherausgeber von »The Holocaust and Nakba: A New Grammar of Trauma and History « [2018] und »The Arab and Jewish Questions: Geographies of Engagement in Palestine and Beyond« [2020].
Thomas Meyer
Thomas Meyer Philosoph; Außerplanmäßiger Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seine Forschungsschwerpunkte bilden die Ideen- und Philosophiegeschichte der griechischen Antike und des 20. Jahrhunderts mit einem Fokus auf Geschichts-, Kultur- und politischer Philosophie. Er ist Herausgeber der Werke Hannah Arendts im Piper Verlag und edierte 2024 in »Über Palästina« zwei bisher unbekannte Texte von und mit Arendt zum Thema. Zudem erschien 2023 seine vielbeachtete Biographie Hannah Arendts. Meyer veröffentlichte darüber hinaus zahlreiche Bücher, Aufsätze, Radio-Essays und Zeitungsartikel zur Ideengeschichte des 20. Jahrhundert.

Mosse Lectures summer 2025 poster